Apple Intelligence ist zweifelsfrei eines der Hauptthemen von iOS 18, iPadOS 18 und macOS Sequoia. Allerdings sind die Systemanforderungen auf den ersten Blick eigenwillig. Apple setzt ein iPhone 15 Pro voraus, alternativ ein iPad oder einen Mac mit einem beliebigen M-Chip. Die Apple Vision Pro bleibt komplett außen vor. Will Apple einfach nur neue, hochpreisige iPhones verkaufen?
Apple Intelligence mit hohen Systemanforderungen
Apples lokale KI benötigt zunächst einmal einen Prozessor mit hinreichend starker NPU (Neural Processing Unit; „Neural Engine“). Insofern überrascht es nicht, dass Intel-Macs dieses Kunststück nicht beherrschen werden. Wohl aber überrascht es, dass ein beliebiger M-Chip gut genug ist, während es beim Smartphone das iPhone 15 Pro sein muss.
Schauen wir uns die technischen Daten genauer an. Der M1-Prozessor kommt mit 16 NPU-Kernen, die 11 TOPS („Trillion Operations Per Second“, Billionen Operationen pro Sekunde) ausführen können. Dieselben Daten finden sich auch beim A14-Chip wieder, der im iPhone 12 verbaut ist. Doch dafür hat Apple eine Antwort.
John Gruber von Daring Fireball hat im Rahmen der WWDC 2024 seinen Podcast „The Talk Show“ live aufgenommen. Mit dabei waren Vertreter von Apple, etwa John Giannandrea (Chef der AI/Machine-Learning-Abteilung) und Greg Joswiak (Marketing-Chef). Sie erklärten, dass die KI rechnerisch sehr aufwendig ist. Einerseits gehe es natürlich um die die Leistung der Neural Engine, aber es spielen noch weitere Faktoren mit. Genannt seien die Größe des Arbeitsspeichers: Jedes unterstützte Gerät hat mindestens 8 GB RAM. Theoretisch, so Giannandrea, könne man diese Large Language Models auf beliebigen iPhones ausführen. Das sei dann aber zu langsam, um nützlich zu sein.
Doch was ist mit der Cloud?
Als Alternative für das lokale Ausführen hat Apple „Private Cloud Compute“ vorgestellt. Das sei aber bereits in seiner Architektur nicht als Ersatz für die lokale Ausführung gedacht, wie Gruber im Gespräch mit Apple erfahren konnte. In der Cloud werden demnach andere Modelle ausgeführt, als es auf dem lokalen Gerät der Fall ist. Die Server sind ausschließlich dafür konzipiert, als Ergänzung zur lokalen KI zu dienen.
Davon abgesehen reden wir von vielen Millionen Smartphones, die iOS 18 bekommen werden. Wenn sich alle komplett auf die Cloud verlassen würden, bedeute das eine enorme Last für die Server.
Keine KI für die Vision Pro
Interessant ist ebenfalls, dass die Apple Vision Pro gleichfalls kein AI erhalten wird. Sie erfüllt zwar formell die Systemvoraussetzungen, denn sie kommt mit einem M2-Prozessor. Allerdings hat Gruber aus informierten Kreisen erfahren, dass jener Chip bereits beinahe ausgelastet ist mit den Aufgaben, die er ohnehin bewältigen muss. Für KI-Aufgaben habe er keine freien Ressourcen mehr. Das sei bei Macs und iPads anders, wo die Neural Engine die meiste Zeit überhaupt nichts zu tun hat.
Will Apple „nur“ neue iPhones verkaufen?
Auch wenn es auf den ersten Blick absolut plausibel erscheint, dass Apple die Systemvoraussetzungen willkürlich gewählt hat, um neue iPhones zu verkaufen, kann man diese Annahme wohl getrost verwerfen. Denn einerseits, wie Joswiak in „The Talk Show“ erwähnte, wäre Apple schlau genug gewesen, die Unterstützung in dem Fall nur auf die neusten Geräte zu beschränken. Andererseits leuchten die Erklärungen durchaus ein und lassen technische Gründe wahrscheinlich werden.
Davon abgesehen ist es zum derzeitigen Zeitpunkt nicht sinnvoll, ein iPhone 15 Pro zu kaufen, „nur“ um im September Apple Intelligence nutzen zu können. Denn rate mal, was im September noch kommt? Richtig – neue iPhones. Wir können wohl davon ausgehen, dass auch die Non-Pro-Modelle AI beherrschen werden. Und selbst wenn nicht: Wenn die neuen Geräte vorgestellt werden, ist mit Preisnachlässen für die gegenwärtige Generation zu rechnen.
Außerdem dürften die meisten Nutzer nicht einmal von AI Gebrauch machen können, wenn iOS 18 im September erscheint. Denn initial wird nur US-Englisch unterstützt und weitere Sprachen sollen im Laufe des kommenden Jahres folgen. Andererseits ist noch gar nicht klar, ob die Apple-KI überhaupt ihren Weg nach Europa schafft.